Claudia Gabler ist 1970 in Bühl (Baden) geboren. Sie erhielt das Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg, das Landesstipendium Baden-Württemberg sowie Arbeitsstipendien des Förderkreises deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg.
o. T.
Still stehen wir am Alpenrand und schauen uns
Bilder von Herbststürmen an. Die angeschwollenen
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Bildungskanonen im Blick, wenn wir sie einatmen,
sind die Berge ganz leicht. Legendenbildung
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im Kreuzverhör mit Fuhrwegen, Fichtenöl sucht
seinen Weg an die Spitze der Sternegastronomie.
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Wir sitzen an morschen Tischen mit scharfen Kanten
für die Schafe, die ihr Fell schleifen müssen, bevor
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der Winter kommt, wir schnitzen mit stumpfen Messern
Organe von Hand, wir erreichen die Dielen kaum mit
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den Zehenspitzen - und das obwohl die Menschen
einst kleine Leute waren. Unsre Kamele liegen
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weit hinterm Wald unter Sandblasen vergraben.
Heute sind wir Hirten, die in Holzhütten Haushalte
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führen. Wir schaben die Zuckerkruste ab und tragen
die Maschinen ins Feld. Unser Ich ist ein Ich,
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das Mützen strickt und Brote backt für die Engel.
Ohne Sonne fangen die Tage nicht an. Auf ihrer Glut
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wird Suppe gekocht für tapfere Pilger, die noch
nicht ahnen, dass man jetzt an Licht sterben kann.
o. T.
Erschöpft lagen die Kiefern auf trockenen Blättern, als wir
den Wald betraten mit Gummistiefeln und eifrig wie Jäger.
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Die Wege der Hirsche waren weit verstreut unter
unseren Uniformen, noch sah man sie kaum. Wir legten
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unsere Arme um die Bäume mit diesem irren Gefühl, das
von Spaziergängern kommt wie von gemeinsamen Toten.
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Unsre Performance war wirklich gut, von den Bäumen
schließlich waren wir satt. Unsere Erinnerungen fingen an,
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gegen unsere Brüste zu drücken, ihre Muster waren tief
gestochen und scharf. Wir vermuteten Betrug, als es
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darum ging, wie wir uns betten. Wir beten ins Licht.
Wir binden die Moleküle zu Schwänen, die für uns ihre
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Freiheiten opfern. Wir zügeln sie, wenn wir im Abendlicht
stehen. Das fällt uns zu als Zeichen für Sympathie.
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Dies nun verhält sich wie mit den Fäusten, die ihren Ursprung
haben im Ungewissen der Blätter. Das wissen auch wir.