Mathias Jeschke ist 1963 in Lüneburg geboren und lebt in Stuttgart. Er wurde 2002 mit dem Würth-Literatur-Preis ausgezeichnet und erhielt mehrere Stipendien des
Förderkreises deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg.
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Meine Stimme war heute spazieren
in den Ohren von 24 älteren Damen.
Sie saßen still auf der Gemeindewiese
im Schatten dreier Bäume, lauschend.
Je länger ich ihnen Gedichte vorlas,
desto mehr verwandelten sie sich
in die Figuren aus meinen Versen,
Holländerinnen, Italienerinnen,
Däninnen und Französinnen,
sie liefen am Strandsaum entlang,
schnupperten an Heckenrosen
schauten hinauf zu den Sternen
und schmeckten Unbekanntes,
verführt von einem Sternekoch,
sie tanzten auf der Straße, rauchten,
betraten eine Bar, sie trafen sich
mit etwas jüngeren Männern,
ließen sich ein wenig gehen
und sie lachten und sie lebten.
Ich bekam die Blumen, Freilandrosen.
Geburtstage
Während die Wolken von weit her
elegisch über uns hinwegziehen
und sich dabei den Anschein geben,
als handele es sich bei ihrem
Überflugsgebiet um den Norden
von Arizona - Monument Valley -
und nicht um die Fildern,
spielt in einem der benachbarten
Gärten ein kleiner Posaunenchor
ein Ständchen und das klingt so,
als bemühten sie sich, dem,
was die Migräne einem Menschen
an Pein bereiten kann, einen
ungefähren Ausdruck zu verleihen.
Dann fallen plötzlich zwei Schüsse
in der Wohnung über uns, die
die ewig schreienden Kinder endlich
zum Schweigen bringen, wir blicken
einander ebenso bedeutungsvoll
wie erschrocken an, bis es erneut
knallt und wir - die zerplatzenden
Luftballons vor dem inneren Auge -
dem schrägen "Happy Birthday"
lauschen. Wir versuchen, uns
tiefer in die Balkonstühle sinken
zu lassen, und atmen aus. Es knallt
noch ein paarmal, die Blechbläser
aber, sie sind verstummt.