Jochen Kelter, geboren 1946 in Köln, lebt seit 50 Jahren in der Schweiz am Ufer des Bodensees im Kanton Thurgau. 1984 erhielt er den Stuttgarter Literaturpreis.
Wörter fallen
Draussen fallen die Blätter
zuhauf von den Bäumen in meinen
Kopf fallen durch die Nacht die Wörter
am Morgen sammele ich sie ein
die von der Nacht geblieben sind
weniger als Blätter von den Bäumen
gestern viel weniger als geträumt
die der Morgen ausgespuckt hat
Lumpeditti Cumex viral
Lockdown noch so ungewöhnliche
wie Kyushu - Express Finalisierung
oder Lachmöwe und Schleierfahndung
suche sie zu sortieren zusammen zu
zwingen zu ordnen der Welt den Tag
zu retten damit ich die Blätter
schauen kann wie sie fallen und fallen
Letzte Sinfonie
Aus den dunklen braunen
den welken Wäldern erklingt die letzte
Sinfonie vorbei an Einkaufszentren
Zäunen durch Autobahntunnels fahren
wir dem Jahresende zu um in
Die Nacht zu tauchen des neuen
Jahrs die Eisengitter zu bewachen
die uns trennen vom Leben und vom Tod
was folgt noch nach? Das Frühjahr
kehrt nicht wieder wir werden nicht
In Seidenkissen sinken im Sommer
wenn die Erde leicht und warm was
kommt danach? Unser Vergessen aber
davor noch Vergeltung für den unerlebten
Eintritt in die Welt seid Brüder
Also stark trotzt letztem Ungemach
lauscht den Klängen des Mozart der ein
Fremder blieb wie wir Fremde bleiben
traurig heiter die Musik die Worte
nicht wir werden bleiben
Gottfried Benn: Was schlimm ist
...
nicht im Sommer sterben, / wenn alles hell ist / und die Erde für Spaten
leicht